Wie ich Sizilianerin wurde. Sizilianerin wird man nicht nur von Geburt an, es gibt da noch eine andere Möglichkeit.
Eigentlich dachte ich immer, als Sizilianerin* wird man geboren, aber anscheinend ist das nicht immer so. Wie ich Sizilianerin wurde, war jedenfalls ganz anders. Wie ich Sizilianerin geworden bin, das erzähle ich hier:
Ich muss mit meinem Auto zu einem „autolavaggio“, also einer Waschstation. Auf Sizilien* gibt es zwar auch Waschanlagen für das Auto, aber in meiner Nähe keine solchen, in denen man bequem im Auto sitzen bleiben kann und dann durch eine Waschstraße geschleust wird. Hier kann man das Auto mit einem Dampfstrahler abspritzen oder es waschen lassen. Dort wo man sein Auto waschen lassen kann, kann man auch noch anderen Service in Anspruch nehmen, wie zum Beispiel den Unterboden des Autos mit „grafite“ einsprühen lassen. Es ist kein Graphit im herkömmlichen Sinne, sondern ein Mittel, dass Gummis und Dichtungen geschmeidig und somit langlebig macht.
Genau das wollte ich für meinen Oldtimer. Also rein zum Autolavaggio, warten bis der Chef kommt und dann erkläre ich mein Ansinnen. Jeder weiß, wie Italiener sprechen, mit Händen und Füßen, um dem Gegenüber in aller Deutlichkeit klarzumachen worum es geht. Man will auf jeden Fall vermeiden, dass man falsch verstanden wird und weil Italiener ja eh gerne reden, werden die vielen Worte eben noch mit Taten unterstützt – sprich mit Händen und Füßen.
Hände und Füße sagen mehr als tausend Worte
So auch ich. Ich erklärte also dem Chef, was an meinem Auto zu tun sei und unterstreiche meine Worte mit Händen und Füßen und dann geschieht es; in einer kraftvollen Handbewegung ausholend nach rechts oben, wird meine Hand abrupt gestoppt. Ich erschrecke mich und sehe mich nach dem Objekt um, an das meine Hand gestoßen ist, aber in der Höhe, in der ich gestoppt wurde, sehe ich nichts. Mein Blick gleitet langsam nach unten und da sehe ich ihn, einen Mann, vor Schmerzen gekrümmt vornüber gebeugt!
Er richtet sich langsam auf und schaut mich an. Ich weiß nicht, ob ich zuerst brüllen soll vor Lachen, oder die Entsetzte spielen. Entscheide mich dann aber, mich in aller Form zu entschuldigen. Er stottert, dass ihm das noch nie passiert sei. Ich beruhige ihn und sage, das auch mir das noch nie passiert sei. Er nimmt seine Hand vom Mund und dann sehe ich es, Blut hängt an seiner Unterlippe. Oh Mann, dass war echt ein Schlag! Als ich ihm sage, dass er blutet, sprintet er sofort zu seinem Auto und betrachtet sein Gesicht im Außenspiegel* seines Autos.
Meine Aura betritt man nicht einfach so
Ich muss schon sagen, peinlich war es mir dann doch, aber was hat er auch in meinem persönlichen Bereich verloren. Wenn jemand meine Aura* betritt, dann ist eben alles möglich. Ein Betreten ohne Erlaubnis ist eine Garantie für nichts.
Jedenfalls muss ich mir sein Gejammer noch so lange anhören, bis mein Auto fertig ist.
Ein paar Tage später treffe ich meine Freundin und erzähle ihr die Geschichte. Sie lacht lauthals los und sagt, jetzt bist du eine echte Sizilianerin* geworden!
Manomann, Claudia, du und deine Geschichten erhellen und erheitern mir unseren heutigen grauen,nasskalten Dezembertag enorm! Ich spür förmlich die sizilianische Hitze und freue mich, hier einfach weiterzulesen! Hast du schon ein Buch rausgebracht?
Sei eiskalt gegrüßt vom Bodensee,
Herzlich aber von mir, Conni
Hallo Conni,
wenn du nach einem Buch fragst, dann darf ich das wohl als Kompliment auffassen. Danke. Aber nein, es gibt noch kein Buch, denn es gibt ja auch noch kein Happy End.
Aber du solltest selbst einmal nach Sizilien reisen, um die Insel zu erleben. Das ist vermutlich schöner als ein Buch darüber zu lesen. Vielleicht bist du im Anschluss sogar selbst in der Lage ein Buch zu schreiben 😀
Dann wünsche ich dir in jedem Fall weiterhin viel Spaß bei meinen Geschichten.
Liebe Grüße
Claudi