Sizilianer und ihr Glaube. Auf Sizilien hat jede Stadt ihren Heiligen und daran wird sich auch so schnell nichts ändern.
Wer durch Siziliens Straßen fährt, der wird schnell feststellen, dass es nicht nur viele, sondern sehr viele Kirchen und Bildstöcke gibt. Die Kirchen außen meistens pfui und innen hui und die Bildstöcke, die es gefühlt an jeder Straßenecke gibt, sind mit Plastikblumen geschmückt und immer schön gepflegt.
Wenn Sizilianer daran vorbeifahren, dann schämen sie sich nicht, ein Kreuz zu machen, von der Stirn über den Mund und weiter zur Brust. Also viele kleine Kreuze, kein großes über die ganze Brust gespannt, so wie die Deutschen es in der Kirche tun.
Maria hat das Sagen
So hat auch jede Stadt und jeder Ort, der was auf sich hält, seinen eigenen Heiligen oder eine Heilige dem eine Kirche oder gar die ganze Stadt gewidmet ist. Ein „Gott sei Dank“ höre ich eher selten, denn angebetet wird hauptsächlich die Gottesmutter Maria.
Als kleines Kind musste ich regelmäßig in die Kirche. Die Mädchen saßen in der Kirche links und die Buben rechts. Auf unserer Seite stand vor meiner Nase eine riesige Gottesmutter mit einem nackten Säugling auf dem Arm, beide aus Gips. Ich fand sie eher gruselig, als anbetungswürdig. Daher wäre es mir auch nie in den Sinn gekommen, meine Wünsche an Maria zu richten. Für mich war immer Jesus der Ansprechpartner.
Heute sieht das mit dem Anbeten anders aus, in Deutschland zumindest und bei mir auch. Auf Sizilien hat sich augenscheinlich nichts geändert. Jeder, der was auf sich hält, hat Respekt vor der heiligen Maria und macht ein Kreuz. Da ist es ganz egal, ob die Person einen Anzug trägt oder vom Feld kommt, ein Kreuz wird gemacht. Basta!
Woher kommt also diese unerschütterliche Gläubigkeit an die Muttergottes Maria. Ich habe mich einmal auf die Suche gemacht.
Die Griechen prägen die Sizilianer
Es ist gar nicht so einfach, auf die Spuren des Glaubens der Sizilianer zu kommen. Aber glücklicherweise haben sich schon andere vor mir damit beschäftigt. Das Zentrum für soziale und geschichtliche sizilianische Studien „Centro Studi Storico-Sociali Siciliani Catania“ hat sich eingehend und wissenschaftlich diesem Thema gewidmet.
Sie haben festgestellt, dass „…Diese Tatsache wird durch das Fortbestehen der ältesten heidnischen Riten und des Geheimnisses, das sie einschließen, in einem geheimnisvollen und legendären, von Göttern beherrschten Sizilien, in dem die uns so vertrauten Herrlichkeiten und Mysterien der Gottheiten gefeiert wurden, und durch die alten Überzeugungen der Volksseele bestätigt, die sich auf diese Weise mit dem Kult der letzten, erst spät in Sizilien eingeführten Religion identifizieren will. Heute können wir feststellen, dass der größte Einfluss von den Griechen ausgeht, die den Einheimischen ihr Götterpantheon aufzwingen konnten.“.
Der Hang zur Muttergottes
Es waren also die Griechen und deren Götter, die hauptsächlich die Frömmigkeit der Sizilianer geprägt haben. Aber woher kommt die Gläubigkeit zur Muttergottes?
In ihrer Studie hat das Zentrum weiter herausgefunden, warum der Hang zur Verehrung der Muttergottes auf Sizilien so groß ist. Es waren die Ägypter, die die Astarte der Griechen, die eigentlich eine Kriegsgöttin ist, jedoch für die Ägypter die Venus darstellt, den Sizilianern die Gläubigkeit übermittelt haben. Die Ägypter bringen also den Glauben an die Muttergottes nach Sizilien und im Kult der Jungfrau-Mutter wird der Glaube an sie auf Sizilien adaptiert.
Im Mai, der Monat, der der Jungfrau Maria geweiht ist, wird auf Sizilien eine Frauenstatue verehrt. Sie trägt ein Kind in ihren Armen und drückt es an ihre Brust. Auf einem Podest werden sie durch die Stadt getragen. Ein Zeremoniell, dass auch heute noch existiert und von den Bürgern mit Gebeten und Musik begleitet wird.
Das Gesetz des Habitus
Die ursprünglichen Symbole Siziliens, wie der Weizen und die Sonne, ebenso wie der Frühling, werden durch die Deutung des griechischen Mythos ergänzt und bilden die vorherrschenden Elemente aller religiösen Aktivitäten auf Sizilien. Diese Rituale fließen also weiterhin in die Tradition des sizilianischen Volkes ein, die sie als Teil der christlichen Rituale betrachten. Das Unbewusste identifiziert also die Riten der katholischen Kirche nach dem Gesetz des Habitus und verbindet sie mit den bestehenden Traditionen, wie dem übernommenen Kult der Ägypter zur Verehrung der Venus.