Wie aus einem Erdbeben Kunst wurde. Über Kunst kann man streiten. Über Denkmäler auch.
Gibellina Vecchia, so nennt sich die Stadt auf Sizilien*, die nach einem Erdbeben am 15. Januar 1968 völlig zerstört wurde. Die Alten, die sich noch erinnern, sagen, das Erdbeben fand statt, als man mit dem Bohren nach Erdöl angefangen hat. Die Politik sagt, es war ein Erdbeben, wie es viele gibt.
Um dorthin zu gelangen, fährt man über enge, schlechte Straßen, mit abgesunkenen Bereichen, wo der Teer teilweise einen Höhenunterschied von bis zu 15 cm hat, vorbei an Häusern, die verlassen und verfallen sind. Es macht fast den Eindruck, als dass diese Gegend von der Welt komplett vergessen wurde. Aber man muss das Grün genießen, welches man um diese Jahreszeit, Mitte Mai, noch sieht, später wird alles braun und vertrocknet sein:
Was es auch haufenweise zu sehen gibt, dass sind diese Windräder, die überall rumstehen:
Doch dann, nach einer der vielen Kurven, erblickt man Gibellina Vecchia, sie liegt eingebettet in den Hügeln und gleicht sich der Form des Berges an:
Wie aus einem Erdbeben Kunst wurde
Es sieht schon von weitem gespenstisch aus. Der Künstler Alberto Burri hatte seinerzeit den Großteil der zerstörten Häuser unter einer dicken Schicht von Beton* begraben und sicherlich damit, auch viele Hoffnungen der Bewohner, aber davon später.
In dieser Stadt, oder besser in diesem Kunstwerk sind die Straßen so, wie sie auch damals waren, eng, steil und fast mit einem Irrgarten vergleichbar:
Mir fehlen wichtige Elemente
Warum ein Teil in grauem Beton ist und der andere in weißem Beton, das habe ich bisher noch nicht herausgefunden. Ich vermute aber, dass der weiße Teil einfach repariert wurde oder sehr viel später ergänzt. Was ich persönlich schade finde, ist das diese Straßen keine Namen mehr haben. So könnten diese Betonklötze viel mehr Geschichte tragen.
Im nachfolgenden Bild ist ein Blick aus Gibbelina heraus auf die umliegende Gegend und die noch übrig gebliebenen verfallenen Häuser von damals zu sehen:
Atmosphäre mit Echo
Setzt man sich auf den Boden, dann befindet man sich unterhalb dieser ca. 1,40 m hohen Betonblöcke und kann ein Echo produzieren. Das Echo gibt der eh schon gruseligen und sehr speziellen Atmosphäre noch den Rest:
Gibellina Nuova ist genauso gespenstisch
Nach Gibellina Vecchia möchte ich Gibellina Nuova, also das neue Gibellina sehen, dass ca. 15 km weiter, nach dem Erdbeben neu aufgebaut wurde. Auf dem Weg nach Gibellina Nuova, entlang der abschüssigen und steilen Straße sieht man schon von weitem einen riesigen Stern, der das Tor von Gibellina Nuova darstellen soll:
Wir fahren gerade auf das Ortsschild zu, welches rostig und verbogen nichts utes erahnen lässt. Vorbei an einer Palmenallee und Häuser, die leer und verfallen sind. Mein Sizilianer neben mir spricht nur noch leise, er flüstert was von Mafia und so, diese Stille, kein Mensch ist zu sehen, kein Geräusch zu hören, mit einem Wort, es ist gespenstisch!
Gibellina Nuova
Später lese ich in Wikipedia nach, was dort so steht und siehe da: … „Das Konzept der neu aufgebauten Stadt wurde von den Bewohnern nie richtig angenommen. Einige Teile der Stadt sind nicht mehr bewohnt. Viele Monumente und Kunstwerke sind verfallen“… Unser Eindruck täuschte also nicht. Diese Bauweise kennt man aus Deutschland, Reihenhausbauweise nennt man das, mit Garagen vor den Häusern und kleinen Gärten daneben, aber hier passt dieser Baustil einfach nicht und die Menschen wollten das auch nicht:
Kunstwerke wie Sand am Meer sind hier zu sehen, angeblich die Stadt mit der größten Kunstdichte in ganz Italien, dass sieht man auch, aber darauf Wert legen tun die Bewohner nicht, denn alles ist verfallen und vergammelt. Viele Gebäude wurden erst gar nicht fertiggestellt, sondern gammeln so vor sich hin. Wir haben diese Stadt zur hässlichsten auf ganz Sizilien gekürt. Im Bild unten ist eine ganze Häuserreihe unfertiger Gebäude zu sehen, die Stellen an denen einmal Fenster vorgesehen waren, sind zugemauert:
Nach langem Suchen finden wir auch eine Bar. Die Blicke der Menschen, die dort sitzen verfolgen und mustern uns. Als wir parken, werden wir von etwa 15 Jugendlichen umzingelt, erst als wir aus dem Auto aussteigen, machen sie sich auf ihren Mopeds und in ihren Autos davon. Wir kaufen ein Eis* und beeilen uns, schnellst möglich aus dieser Stadt raus zu kommen. Ein Ausflug der Eindruck hinterlässt!