Ein Nest von Meeresschildkröten, ein Nest von vielen

Ein Nest von Meeresschildkröten, ein Nest von vielen. Wer sich auf andere verlässt, ist oft verlassen. Besser, man hilft sich selbst.

Petrosino verfügt über mehrere Strandabschnitte, die alle ihren eigenen Namen haben, abhängig von dem Gebiet, in dem sie liegen. Dazu kommen noch fast unzählige sandige Buchten, die sich meistens unterhalb von Klippen befinden und schwer oder gar nicht zugänglich sind.

An einem dieser Strände laufe ich abends oft mit meinem Hund spazieren, da der meistens nur schwach besucht ist und ich meinen Hund frei laufen lassen kann. So auch vor kurzem. Es dämmert schon leicht, als ich mit meinem Hund am Strand entlang laufe und beinahe in ein tiefes Loch falle. Ich denke mir noch, welcher Depp gräbt hier am Rand der unbefestigten Straße so ein tiefes Loch? Damit es anderen nicht auch so geht, schiebe ich mit dem Schuh den Sand wieder hinein. Zuerst wundere ich mich und dann kann ich es kaum glauben, was ich da sehe. Eierschalen! Jetzt geht mir ein Licht auf, das ist ein Nest einer Meeresschildkröte. Leider sind die Meeresschildkröten schon geschlüpft, aber vielleicht ist das auch besser so.

Das ist mir ja noch nie passiert. Ich habe zwar schon oft davon gelesen und gehört, aber selbst habe ich noch kein Nest gesehen, geschweige denn gefunden. Normalerweise wird ein riesengroßer Aufwand betrieben, mit Absperrung und Nachtwache und so. Aber hier hat sich niemand darum gekümmert. Tags parken hier die Autos der Fischer oder der Badegäste oder ich laufe mit dem Hund drüber. Es hat eben niemand gewusst.

Schildkröten kommen wieder

Ich weiß, dass Schildkröten immer wieder an den gleichen Strand zur Eiablage zurückkommen und sogar die Schildkröten, die dort geschlüpft sind, kommen wieder an den gleichen Strand, um selbst ihre Eier abzulegen. In einem Gelege legen die Meeresschildkröten je nach Art 50 – 200 Eier ab.

Man kann also davon ausgehen, wenn nur ein paar dieser vielen geschlüpften Meeresschildkröten an diesen Ort zurückkommen, dann ist da in ein paar Jahren ganz schön was los und das bringt mich auf eine Idee.

Tierschutz mit Mehrzweck

Dieser Strandabschnitt wird von der Gemeinde schwer vernachlässigt. Wilde Müllablagerungen werden von mir gemeldet, bevor das ganze Zeug vom Wind ins Meer geweht wird. Manchmal frage ich mich, ob die von der Gemeinde diesen Strand überhaupt kennen. Also werde ich an den WWF schreiben und hoffen, dass sich etwas tut.

Es wäre natürlich schön, wenn Unterstützung in Form einer großen Organisation kommt, um den Schildkröten einen ruhigen Nistplatz zu schaffen und gleichzeitig erhoffe ich mir, dass das Feuchtgebiet, welches sich angrenzend am Strand befindet, gleich mit geschützt wird und diese elendigen wilden Müllablagerungen endlich aufhören. Denn auch in dem Feuchtgebiet kann man öfters Flamingos bestaunen, es würde sich also lohnen.

Der WWF muss her

Also ran an den Laptop und eine eMail an den WWF geht raus. Die Antwort kommt so schnell, dass es nichts Gutes sein kann. Und tatsächlich, ich bekomme eine Fehlermeldung, in der steht, dass diese eMail Adresse nicht mehr existiert, aber ich eine der folgenden auswählen kann. Es sind etwa acht verschiedene eMail Adressen angegeben, unter denen ich wählen soll. Was, frage ich mich, ist denn das für einen Mist? Wenn die Hauptemailadresse deaktiviert wurde, warum ist sie dann noch online? Warum kann man diese nicht gleich austauschen, oder auf der Kontaktseite die ganzen anderen Kontaktadressen direkt aufführen? Meine Meinung über den ach so hoch angesehenen WWF schwindet mit dem Lesen dieser Nachricht.

Die Antwort ist nicht überzeugend

Also suche ich mir eine passende eMail Adresse aus dieser Litanei aus und schreibe mein Anliegen nochmal. Dieses Mal dauert es ein bisschen länger, bis ich eine Antwort bekomme, aber immerhin noch am selben Tag ist eine Antwort aus dem Sitz des WWF in Rom da:

Gent.ma Claudia,
la ringrazio per la segnalazione. Con i nostri volontari da diversi anni abbiamo un progetto di conservazione per le tartarughe marine che prevede innanzitutto la tutela dei loro nidi ed ovviamente le spiagge dove nidificano più di frequente e possiamo dire che abbiamo ottenuto buoni risultati, basta pensare che quest’anno siano riusciti a tutelare più di 100 nidi solo in Sicilia. Ma il lavoro da fare è ancora tanto e sicuramente la spiaggia che ci hai segnalato merita un maggior livello di attenzione e pertanto cercheremo di intervenire per la sua tutela.
Un cordiale saluto

Luigi Agresti

Die Übersetzung dazu:

Liebe Claudia,
vielen Dank für deinen Bericht. Mit unseren Freiwilligen führen wir seit einigen Jahren ein Projekt zum Schutz der Meeresschildkröten durch, bei dem es in erster Linie um den Schutz ihrer Nester und natürlich der Strände geht, an denen sie am häufigsten nisten, und wir können sagen, dass wir gute Ergebnisse erzielt haben, man denke nur daran, dass es uns dieses Jahr gelungen ist, allein in Sizilien mehr als 100 Nester zu schützen. Aber es bleibt noch viel zu tun, und der Strand, den Sie uns gemeldet haben, verdient sicherlich mehr Aufmerksamkeit, so dass wir versuchen werden, ihn zu schützen.
Herzliche Grüße

Luigi Agresti

Was mir in der Antwort fehlt

Beim ersten Durchlesen hört sich das ja alles super an. Da ich aber nicht geschrieben habe, um welchen Strand es sich denn genau handelt und Luigi sicherlich nicht mal weiß, wo Petrosino liegt, kann ich davon ausgehen, das nichts passiert. Schön, dass die WWF 100 Nester auf Sizilien schützen, aber was ist mit meinem Nest, für dass ich mich fast schon persönlich verantwortlich fühle und dem Feuchtgebiet?

Ich werde also weiter die Gemeinde nerven und bitten, wenn mal wieder säckeweise Müll abgelegt wird, den zu entfernen. Im nächsten Sommer werde ich noch genauer auf den Strand aufpassen und hoffen, dass ich die Spuren einer Eiablage rechtzeitig erkenne. Da bin ich lieber mein eigener WWF, als darauf zu vertrauen, dass mir geholfen wird.

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