Warum man unbedingt die Kellerei Bianchi in Marsala besuchen sollte

Warum man unbedingt die Kellerei Bianchi in Marsala besuchen sollte. Eine Kellerei von vielen und doch einzigartig auf Sizilien.

Mal wieder habe ich mich für eine Besichtigungstour in einer Kellerei angemeldet. Nachdem ich darin schon Übung habe, kann ich es mir erlauben, um 10 Uhr morgens mich den stärkeren Dingen zu widmen, nämlich dem Gin, Grappa, Marsala und sonstigem Hochprozentigem.

Allerdings habe ich mir vorgenommen, um diese Uhrzeit nichts davon zu trinken. Wenn ich an meine letzte Besichtigung in der Weinkellerei Florio denke, dann fühle ich mich jetzt noch benebelt. Aber heute geht es um eine Besichtigung und nicht um eine Verkostung.

Fängt schon gut an

Da stehe ich also, wie ein deutscher Maurer, überpünktlich vor dem Eingang der Kellerei und warte darauf, dass das große Tor geöffnet wird. Aber außer mir ist niemand da. Ich vergleiche das Datum auf dem Handy mit dem auf meinem Ticket, das ich schon ein paar Wochen vorher gebucht habe. Das stimmt also. Dann kontrolliere ich, ob ich die Zeitumstellung vielleicht verpasst habe, auch hier Fehlanzeige.

Als endlich das Tor geöffnet wird, bin ich immer noch die Einzige. Ich werde von einer jungen Frau und einem jungen Mann empfangen und auf meine Frage, ob sonst niemand kommt, sagt mir die junge Frau, dass Marsaleser noch nie pünktlich waren. Wir warten noch 10 Minuten und als immer noch niemand kommt, bekomme ich die Führung alleine. Ich fühle mich so ein bisschen wie im Einzelunterricht, denn jetzt kann ich mich keine Sekunde ausklinken, oder hinter anderen verstecken, wenn mich etwas nicht sooo brennend interessiert. Aber das kleine Museum ist überschaubar und dann geht es schon los.

Das Museum

Der junge Herr erzählt mir anhand der vorhandenen Bilder und Gegenstände, die im Museum ausgestellt sind, dass der Gründer der Kellerei Leone Bianchi aus der Toskana stammt und dort den Marsala-Wein verkauft, bis er 1950 nach Marsala zieht, um selbst Marsala-Wein herzustellen.

Es dauert ein bisschen, bis er das für sich ideale Objekt findet, nämlich einen Betrieb, der bereits Marsala-Wein herstellt und am Hafen liegt. Dieses Objekt kauft er der Familie Cinzano ab und beginnt seinen Traum zu leben.

Das Haus, in dem Bianchi noch heute wohnt, gehörte der berühmten englischen Familie Woodhouse. Woodhouse, der im 18. Jahrhundert durch Zufall Marsala-Wein herstellt, legt also den Grundstein für Bianchi.

Bianchi wird aber bald vom Weinhändler zum Alkohollieferanten für die Weinproduzenten von Marsala, denn er ist ein findiges Köpfchen und betreibt 1955 die erste Destillationsanlage im Westen Siziliens. Aber nicht nur das, er lässt drei riesige Weinsilos von 24 Metern Höhe bauen, um die Schiffe schnell und kostengünstig beladen zu können. Durch das Gefälle der hohen Silos und die Nähe zum Meer, werden die Schiffe, die direkt am Kai vor der Kellerei anlegen können, ohne großen Kostenaufwand befüllt.

Die Nase verkostet an Stelle des Gaumens

Um mir die Besonderheit der verschiedenen Destillate zu verdeutlichen, gibt es heute keine Verkostung, sondern eine „Geruchsverkostung“. Also ist zur Abwechslung nur einmal die Nase gefragt. Dann Ärmel hoch und los geht’s. Ich merke noch an, dass ich danach hoffentlich nicht von der Polizei angehalten werde, weil ich so nach Alkohol stinke. Aber der junge Mann lacht nur und winkt ab.

Zuerst bekomme ich den einfachen Grappa auf die Haut gesprüht und soll riechen. Es riecht einfach nur nach Alkohol. Dann bekomme ich den Grappa auf die Haut gesprüht, der in einem Holzfass gelagert wird, in dem zuvor jahrelang Marsala-Wein lagerte. Der Duft ist süß, das rieche ich sofort. Anschließend kommt der Brandy, ebenfalls gelagert in einem Marsala-Wein-Fass, auf meine warme Haut. Es riecht nach einem richtig guten und herben Männerparfüm. Das finde ich toll! Allerdings ist es schade, dass der Duft nicht allzu lange auf der Haut bleibt, sonst wäre das wirklich eine super Alternative zu herkömmlichen Parfums.

Die Kellerei heute

Der Enkel des Gründers, Claudio Bianchi, ebenso erfinderisch wie sein Opa, hat noch weitere Ziele. Er schafft es, einen Grappa di Sicilia DOC herzustellen. Einen Grappa, der eigentlich im Norden Italiens produziert wird und einen Grappa di Marsala DOC.

Außerdem hegt er den Wunsch, die Geschichte seiner Familie mittels eines Museums zu erzählen und eine elegante Verkaufsstelle zu errichten, in der man die besonderen Spirituosen verkosten und kaufen kann.

Claudio entwickelt zusammen mit der Universität in Messina einen Gin mit Salz aus den Salinen von Marsala, mit dem Effekt, dass der Gin mit dem Salz nicht nur einen einzigartigen Geschmack erhält, sondern auch den Alkoholgehalt auf 37,5 Grad reduziert.

Ein Gin Sale, gemischt mit Tonic und Eis, mit dem Zusatz von Zitronenschalen und Minzblättern ist also ein Versuch wert.

Die Weinsilos

Zum Schluss kommt nicht das Beste, aber der krönende Abschluss. Ein Besuch auf dem Dach der Weinsilos. Zum Glück gibt es einen Aufzug für die 24 Höhenmeter, die man hier bezwingen muss. Es ist ja kein Berg mit langsamem Anstieg, hier geht es senkrecht in die Höhe.

Also rein in den deutschen Aufzug und hoch aufs Dach. Für Menschen mit Platzangst ist das aber nichts. Der Aufzug ist so mini, dass er gerade einmal für drei Personen zugelassen ist und gefühlt, dürfen die keinen allzu großen Bauchumfang haben, sonst führt das unweigerlich zu Körperkontakt.

Oben angekommen, habe ich einen unsagbar schönen Blick auf das Meer, Marsala und alles, was das Auge aus dieser Höhe an diesem schönen Tag erblicken kann. Bei klarem Wetter kann man auch die Inseln Favignana und Levanzo sehen.

Blick vom Weinsilo auf das Meer

https://youtu.be/AjSH9ZUdHqc

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