Wie wird Balsamicoessig hergestellt

Wie wird Balsamicoessig hergestellt. Jeder kennt ihn, den braunen, süßen und zähen Essig, der über verschiedene Gerichte gegeben wird, der Balsamicoessig.

Heute bin ich zu Besuch bei einem echten Pionier. Dabei befinde ich mich aber nicht im Herzen von Modena, nein, ich befinde mich im Herzen von Petrosino. Hier sitze ich also in einem Büro, mit einer Unmenge an Balsamico Flaschen um mich herum. Gegenüber von mir am Schreibtisch Vito, der sehr stolz ist auf seine Idee, einen Balsamicoessig herzustellen, ist. Balssamicoessig ist auch unter dem Namen Balsamico bekannt.

Die Grundlage des Balsamicoessig

Vito erzählt mir davon, dass seine Familie früher zu den Winzern gehörte, die Wein für die Marsala-Wein Produktion herstellten. Es gehört zur Tradition der Familie, dass nach jeder Ernte eine kleine Menge des Weins, in Holzfässern gelagert wird, um guten Essig herzustellen. Die Lagerzeit für guten Essigs ist lange und die Fässer werden irgendwann vom Vater an den Sohn weitergegeben.

Balsamicoessig nach der Solera-Methode

Eines Tages kommt Vito der Gedanke, dass er selbst nicht nur Essig, sondern Balsamico, herstellen könnte. Und zwar nach der Marsala-Wein Methode, der sog. Solera Methode. Die Grundlage ist vorhanden, nämlich alter Essig ab dem Jahrgang 1960, immer noch in den kleinen Holzfässern seines Vaters gelagert.

Über der ersten Reihe von Fässern, die Solera genannt wird, sind zwei weitere Reihen von Fässern, die pyramidenförmig angeordnet sind.

Die Fässer werden zu etwa zwei Drittel gefüllt, sodass sich im Inneren der Fässer, über dem reifenden Wein eine Hefeschicht bildet, dem sogenannten Flor.

Jedes Jahr wird ein Teil des Weins, in der Regel zwischen 10 und 30 %, aus der unteren Schicht im Fass, für die Abfüllung entnommen. Der Füllstand der Fässer wird dann mit dem Wein aus den oberen Fässern wieder aufgefüllt. Wobei darauf geachtet wird, dass er sehr vorsichtig unter der Flor-Schicht in das Fass eingefüllt wird, ohne diese Schicht zu beschädigen.

Diese Methode, bei der vom höchsten zum niedrigsten Fass umgefüllt wird, ermöglicht es, einen sehr alten Wein mit immer jüngeren Weinen zu vermengen, was zu einem Wein mit homogenen und konstanten Eigenschaften führt, unabhängig von der Qualität der einzelnen Jahrgänge.

Ich habe die Info über die Solera-Methode von einer anderen Quelle bezogen, da die Erklärung von Vito mir alles andere als verständlich war. Vielleicht auch, um ein bisschen ein Geheimnis um die Herstellung zu machen. (Quelle: https://www.abeervinum.it/blog/il-metodo-soleras)

Das Ergebnis

Jedenfalls ist es Vito nach langen Versuchen und hartnäckigem Ausprobieren gelungen, verschiedene Balsamico mit 12, 33 und 41 Umfüllungen herzustellen. Das Ganze wird abgerundet mit dem Zusatz von gekochtem Traubensaft, dem Vincotto, der dem Balsamico die Süße verleiht.

Normalerweise dürfen für den „echten“ Balsamico aus Modena* nur fünf bestimmte Traubensorten verwendet werden, die aber für Sizilien gar nicht typisch sind. Vito hingegen verwendet die Traubensorten, die sein Vater seinerzeit schon für die Marsala-Wein Herstellung angebaut hat.

Ist Modena wirklich der Ursprung des Balsamicoessigs?

Vito erzählt mir, dass er vor Jahren auf einer Messe war, als er von einem älteren Herrn mit den Worten, „dein Balsamico kommt aus dem Ursprungsland“, angesprochen wird. Vito versteht nicht und fragt nach. Daraufhin erklärt ihm der Herr, dass er ein altes Buch zu Hause habe, in dem über die Entstehung des Balsamico geschrieben wird. Dort steht, dass der erste Balsamico in Bagheria von einem Bauern hergestellt wurde. Weil der Bauer schon von Freunden und Verwandten für seinen Balsamico gelobt wurde, war er natürlich sehr stolz darauf. Also schenkte er der Königin, die sich gerade in Bagheria aufhält, eine Flasche davon.

Die Königin muss aber weiter nach Modena reisen und nimmt den Balsamico mit, weil er ihr ebenfalls so gut geschmeckt hat. Und weil er ihr so gut schmeckt, müssen ihre Köche ebenfalls einen Balsamico herstellen. So kommt nach dieser Geschichte oder Erzählung, oder sogar dieser Legende, ich weiß es nicht, der Balsamico nach Modena und wird dort 1933 vom Landwirtschaftsminister als Spezialität aus der Region anerkannt.

Die Verkostung

Vito lässt mich seine verschiedenen Balsamicos probieren, genau vier stellt er davon her. Er ist so stolz auf seine Produkte, dass er auf meinen Einwand, dass Nummer eins für mich genau gleich schmeckt wie Nummer drei, geflissentlich überhört. Bei Nummer vier stelle ich gar keine Säure mehr fest und Vito erklärt, diese Sorte sei hauptsächlich für die Gastronomie entwickelt worden. Da in der Gastronomie der Balsamico zur Dekoration der Speisen verwendet wird und deshalb ist er angedickt. So wird verhindert, dass der Balsamico nicht wie Soße auf dem Teller schwimmt. Aha, also nur für das Auge, meinen Gaumen kann er jedenfalls nicht locken.

Auch wenn ich inzwischen genug gehört hätte, so brenne ich doch darauf die „Produktion“ zu sehen. Vito beschwichtigt sofort und sagt, da gibt es nichts zu sehen. Aber genau das will ich sehen. Also fahren wir die 150 Meter mit meinem Auto zur Produktionsstätte. Was ich zu sehen bekomme, ist ernüchternd. Ich sehe keine aufeinander gestapelten Fässer. Von jedem Jahr ab 1960 ein kleines Fass. Dabei frage ich mich schon, ob man davon wirklich so viel Balsamico herstellen kann?

Naja, ich hab’s gesehen, das Lager für langweilig befunden und will jetzt eigentlich nur noch gehen. Er bedauert das und will er mir noch drei seiner Grundstücke zu einem horrenden Preis anbieten, vermutlich weil ich ja an Ausländer verkaufe. Aber da muss ich dankend ablehnen, da soll er sich lieber selber einen Käufer suchen.

Noch ein bisschen Recherche

Zu Hause angekommen interessiert mich die Geschichte mit der Königin und ich stöbere ein bisschen im Internet. Dabei stelle ich fest, dass im 18. Jahrhundert tatsächlich die Königin Maria Carolina von Österreich zu Gast im Palast des Herzogs von Milazzo in Bagheria war. Auf dem Weg zu ihrem zukünftigen Ehemann und ihrer Trauung im Palast von Caserta am 11. Mai 1768, besucht sie zahlreiche Städte in Italien, unter anderem auch Modena. Es könnte also durchaus etwas wahres an dieser Erwähnung in dem besagten Buch sein. Leider ist es Vito nie gelungen, sich dieses Buch zu beschaffen.

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