Mein Haus auf Sizilien und warum Italien nicht funktionieren kann. Vieles funktioniert nur sehr langsam und macht mürbe.
Heute möchte ich einmal erzählen, wie es so ist, wenn man sich in Italien/Sizilien ein Haus am Meer kauft. Eigentlich wäre ich in einem Satz fertig, wenn ich sage: Es ist eine unendliche, stümperhafte, nervenaufreibende und katastrophale Geschichte! Ein Sizilianer, vor allem ein Geschäftsmann würde nicken und mir sofort recht geben. Aber ich möchte trotzdem etwas ausführlicher werden und am Ende erzählen, warum diese Warterei für mich im wahrsten Sinne des Wortes, Gold wert war.
Die Verhandlung
Als ich mich entschlossen hatte, ein Haus auf Sizilien* zu kaufen und auch die richtige Immobilie* gefunden hatte, musste ich erst einmal den Eigentümer herausfinden. Das ging auch recht schnell und so traf man sich dann auch. Zu dem Treffen war aber nicht nur der Verkäufer vor Ort, nein auch die Mutter, der, der mir den Kontakt verschafft hatte, der Gärtner und wir. Man hätte also fast schon eine Party machen können. Warum so viele da waren, das wurde später klar.
Beim Notar verlief alles nach Plan, außer dass mein Scheck angezweifelt wurde, da ja keiner Deutsch sprach. Nachdem er aber von jedem Angestellten besichtigt wurde und nach ca. 30 Minuten wieder beim Notar angelangt war, wurde er für „in Ordnung“ befunden!
Wie lästig
Der, der mir den Kontakt zur Verkäuferin gemacht hatte, rief mich ab erfolgtem Notartermin 5-minütlich an! Er wollte Geld für die Vermittlung! Aha, davon war aber nie die Rede. Den Notar hatte ich vorsorglich gefragt, da ich schon so ein Gefühl hatte, er sagte mir, nur wenn er im Handelsregister eingeschrieben ist hat er Anrecht darauf, sonst eben nicht! Na also – sonst eben nicht!
Ich gebe zu, mein Haus, das ich mir ausgesucht habe, ist schon etwas Besonderes, es ist historisch, es liegt direkt am Meer und es hatte bereits einmal eine Bauerlaubnis, welche die Vorbesitzerin allerdings verfallen ließ! Übrigens, sehr wichtig zu wissen für alle, die sich etwas kaufen möchten. Ein altes Haus, das kein Dach mehr hat, darf nicht wieder aufgebaut bzw. restauriert werden. Darum stehen in ganz Italien auch so viele Ruinen.
Lahme Enten in Hülle und Fülle
Damit dieser Post nicht alle Rekorde sprengt, zähle ich die nachfolgenden Ämter und deren Aufgabe, die für mein Haus notwendig sind nur mal kurz auf. „Ente“ bedeutet Behörde, aber ich finde das deutsche Wort Ente vor allem als „lahme Ente“ viiiiel treffender!
So, da wären dann sage und schreibe acht verschiedene Ämter, bei denen hauptsächlich nichts, aber auch rein gar nichts getan wird. Es gibt vor allem missgelaunte und arrogante Angestellte, die auf einen verachtend nieder Blicken. Schließlich wird man nicht als Kunde betrachtet, sondern als Bittsteller.
Wie hat der Zimmermann neulich zu mir gesagt: „Sei niemals freundlich, wenn du auf ein Amt gehst, sonst bekommst du deine Sachen nie!“ Diese Feststellung habe ich auch gemacht, je freundlicher man ist, desto arroganter sind diese Angestellten. Ist man unfreundlich wollen sie einen am besten nie wieder sehen und so bekommt man schneller seine Sachen. Unglaublich, aber das ist hier so.
Und das sind die ganzen lahmen Enten, die sich meiner Sache annehmen müssen:
- Ente Capitaneria di porto – Hafenbehörde zum Schutz des Meeres
- Ente Demanio marittimo – staatliche Meeraufsichtsbehörde, das Grundstück am Meer betreffend
- Ente Genio civile – Tiefbau – obwohl mein Haus nicht mal einen Keller hat!
- Ente Soprintendenza belle arte – Aufsicht der Kunst, also die Aufsicht über ein historisches Gebäude
- Ente Catastro – Katasteramt
- Ente Reggione – verantwortliche Region
- Ente Provincia – verantwortliche Provinz
- Ente Commune – verantwortliche Gemeinde
Gute Nerven sind gefragt
…und ein Ingenieur, der alles unter Kontrolle hat – mehr oder weniger. Bis der erst einmal den Plan gezeichnet hatte, das dauerte schon eine gefühlte Ewigkeit. Dann musste er zig mal zu den Ämtern fahren, denn wenn die verantwortliche Person nicht anwesend war musste er wieder hin. Da es viele Ämter sind und er viele Kunden hat, fährt er also jeden Tag in der Woche zu einem anderen Amt. Hat er dort niemand erreicht, versucht er es erst in der nächsten Woche wieder. So lief das bei jedem Amt genau gleich ab.
Außerdem war ja noch Fasching, dann war Ostern, dann waren Bürgermeisterwahlen in der Hauptstadt der Provinz, die alles lahmgelegt hat, Bürgermeisterwahlen in der Gemeinde, mit gleichem Effekt. Zu dem sich mein Ingenieur noch als Gemeinderat aufstellen ließ, Sommerferien und zum Schluss noch Urlaub* des Ingenieurs. Man kann schon eine Ahnung bekommen, wie das alles dann so abläuft.
Müll in Hülle und Fülle
Ich hatte keine Vorstellung, wie viel Müll auf einem Grundstück wild abgeladen wird, das nicht ständig besucht wird. Karren weise haben wir da weggeräumt:
Daher war ich auch ganz froh, dass ich wenigstens einen Zaun um das Grundstück bauen durfte, das war immerhin mal etwas. Da mein Grundstück innerhalb dieser 150 Meter liegt, darf man nur einen sog. Windschutz als Zaun bauen und keine Mauer oder was Zementiertes:
So konnte ich einen Garten anlegen und habe natürlich auch schon geerntet:
Mein Haus auf Sizilien und warum Italien nicht funktionieren kann
Was mir aber schleierhaft ist und mal wieder das ganze marode System deutlich macht, das sind diese vielen, zum Teil schönen Villen, die direkt am Meer gebaut wurden.
Die meisten dieser Häuser sind nicht legal gebaut, also da hatte einer mal einen guten Bekannten oder Verwandten im Amt sitzen, der hat das für ihn „geregelt“, oder man hat bei Nacht und Nebel einfach gebaut. Es gab alle paar Jahre die Möglichkeit, mit einer Strafzahlung sein Haus „legal“ werden zu lassen.
Bei meinem neuen Nachbarn hat das aber nicht funktioniert. Sie haben zwar einen riesigen Betrag an Strafe bezahlt, aber nach 15 Jahren dann doch einen Brief erhalten, dass ihr Haus nicht legal ist. Seit dem 01.01.2017 gibt es sogar ein Gesetz, dass keine Häuser mehr direkt am Meer, also in einem Abstand von 300 Metern gebaut werden dürfen. Seit 2019 gilt die 300 Meter Regel auch auf Sizilien. Alles Andere muss abgerissen werden. Nun warten die Besitzer auf den entscheidenden Brief, bis wann sie ihre Häuser abreißen müssen. Fraglich ist allerdings, bei dieser ganzen undurchsichtiger „Väterleswirtschaft“, ob es diesen Brief jemals geben wird.
So werden Wähler geschaffen
In Italien leben fast 60,6 Mio Einwohner, davon sind 46,9 Mio wahlberechtigt (die Wahlbeteiligung liegt bei ca. 70 %) und 3.257.014 Personen sind beim Staat beschäftigt (Stand 2015).
Warum das wichtig ist? Weil die aktuelle Regierung schaut, dass sie viele Angestellte hat. Denn, je mehr Angestellte, desto mehr Wähler hat sie auf ihrer Seite. Wähler, die nicht das wählen, was sie gut finden, sondern Wähler, die ihren Arbeitgeber wählen und somit wird sich nichts ändern. So einfach ist das!
Ein marodes System
So ein Land kann und wird unter diesen Umständen niemals funktionieren und das ist nur ein kleiner Bereich des großen Ganzen. Liebe Frau Merkel, auch du wirst das mal verstehen müssen – Europa ist nicht gleich Europa! Manche Länder muss man absaufen lassen, damit auch jeder noch so kleine Nichtsnutz und unwirtschaftliche Bürokratie ertränkt wird. Denn nur so hat das ganze System eine Chance von vorne zu beginnen, um funktionieren zu können.
Es hat sich gelohnt
Ach ja, fast hätte ich es vor lauter lahmer Enten vergessen, es gibt noch etwas schönes, das wäre zum Beispiel die Aussicht vor meiner Haustüre:
Vielen Dank für den ausführlichen Bericht, da weiß ich ja was in den nächsten Monaten auf mich zukommt. Hast Du eigentlich auch die Definition für „Haus“ herausgefunden? Sind z.b. Tiny Häuser im 150m Bereich auch verboten? LG aus Licata, Siri
Hallo Siri,
vielen Dank für deinen Kommentar. Inzwischen haben sich die 150 Meter auf 300 Meter erweitert, dass heißt, dass in dieser Zone nicht gebaut werden darf. Ein Tiny Haus, dass fest mit dem Boden verankert ist darf da nicht gebaut werden. In dieser Zone dürfen nur Häuser gebaut werden, die innerhalb 24 Stunden demontierbar sind. Da das bei Häusern eigentlich nicht möglich ist, geht da nur ein Wohnwagen, oder eben ein Tiny Haus auf Räder. Es darf nämlich auch keine Betonplatte als Basis erstellt werden, da die ja auch nicht innerhalb 24 Stunden abbaubar wäre. Ist also recht schwierig. Wenn du weitere Fragen hast, dann kannst du mir auch gerne eine e-Mail schreiben. Viele Grüße Claudi
Vielen Dank für den Ihren Artikel! Sehr cooler Tipp.