Die Mauern von San Vito in Palermo

Die Mauern von San Vito in Palermo. Einst für die Verteidigung gebaut, heute nicht mehr gewürdigt und dem Verfall preisgegeben.

Die Mauern von San Vito hatte ich schon vor einiger Zeit auf dem Weg vom Theater Massimo zum Castello dello Zisa entdeckt. Auch wenn etwas unscheinbar, so hat mich die Mauer trotzdem neugierig gemacht. Es sind die Rohre aus Ton, die sich durch die Mauer ziehen. Ich frage mich, was diese Rohre in der Mauer bedeuteten.

Die Geschichte der Stadtmauer

Die Stadt Palermo wird im 8. Jahrhundert v. Chr. von phönizischen Seefahrern auf einer felsigen Landzunge gegründet. Die Landzunge ist von drei Seiten von Wasser umgeben und eignet sich daher optimal zur Verteidigung. Mit dem Wachsen der Stadt wächst auch der Wunsch, sich vor fremden Eindringlingen zu schützen. Das ist der Anfang des Baus der Stadtmauer, die damals aber nur zwei Seiten der Stadt umschloss.

Als Palermo 1130 zur Hauptstadt des Königreichs Sizilien wird, wird eine zweite Stadtmauer gebaut, die alle Viertel der Stadt umschließt.

Sobald man die Via Mura di S. Vito vom Theater Massimo aus betritt, kommt man durch die schmale Überführung, die das ehemalige Kloster S. Vito mit der gleichnamigen Bastion verbindet. (Foto: GoogleMaps). Nach dem Tor kann man die Tonrohre in der Mauer bestaunen.

Bild: GoogleMaps

Der Bau der Stadtmauer

Der Bau der Mauer erfolgte nach oben verjüngend, um das Gewicht der etwa 10 Meter hohen Mauern stabil zu halten. Die Mauer wird mit Kalzarenitblöcken gebaut, die mit Kalkmörtel und Sand verbunden sind.

Es ist mir bisher jedoch nicht gelungen herauszufinden, ob die verbauten Tonrohre für Abwasserzwecke dienten oder nur aus Materialmangel verwendet wurden. Weder im Internet werde ich fündig, noch kann mir sonst jemand eine Auskunft darüber geben. Bisher aber Thomas, ein freundlicher und besser informierter Leser, hat mir folgenden Kommentar dazu geschickt:

“Hallo Claudia,

Tonrohre in Befestigungsmauern gibt es in ganz Italien bereits seit der griechisch-römischen Antike. Durch den Einsatz von Rohren oder mancherorts alter Tongefäße verringert sich das Gewicht des Baukörpers ohne nennenswerte Einbußen in der strukturellen Integrität und es wird deutlich weniger Baumaterial benötigt. An vielen Orten – auch außerhalb Italiens – hab man sogar große Kuppeln und Gewölbe unter Einsatz von Tongefäßen errichtet. Möglicherweise hat hier auch die geringe Qualität der lokal verfügbaren Steinvorkommen eine Rolle in den Abwägungen der Erbauer gespielt. Mit wissenschaftlichem Anspruch müsste man das ganze nun natürlich vor Ort untersuchen und diverse Vergleiche zu anderen Befunden dieser Art ziehen.

Wenn du mehr dazu wissen möchtest, findest du folgenden Aufsatz online: Dr. Ralf Kluttig-Altmann, Röhren- und Gefäßgewölbe als alternatives Konstruktionsprinzip von der Antike bis in die Moderne, Backsteinbaukunst Bd. 10 (Wismar 2022) 91-105

Besonders gut sieht man das ganze übrigens auch an der Porta Montalto, falls du dich beim nächsten Palermo-Besuch wieder dort hin verirrst!”

Mit dem Bau der Mauer werden Türme und 12 Bastionen eingebaut. Von ihnen aus lässt sich die Stadt und die Umgebung besser überblicken und schützen.

Der Verfall der Stadtmauer

Von der etwa vier Kilometer langen Stadtmauer ist nicht mehr viel übrig geblieben. Einst umschließt sie die gesamte Stadt, heute erinnert nur der Straßenname an die Mauer. Der Verfall hängt natürlich damit zusammen, dass die Verteidigungsbedürfnisse der Stadt abnehmen und gleichzeitig die Bevölkerung wächst. Deshalb wird die Mauer teilweise abgerissen, oder in andere Bauwerke integriert. Heute sind nur noch wenige Teile der alten Befestigungsanlagen erhalten geblieben.

Die Reste der Mauern sind aber nicht nur in der Via Mura di S. Vito zu bestauen, sondern auch noch in einigen Teilen der Stadt. Wie zum Beispiel die Bastionen San Pietro am Königspalast, die Bastion Spasimo an der gleichnamigen Kirche, die Bastion Guccia oder Papireto am Corso Alberto Amedeo und die Reste der Bastion San Vito zwischen Porta Carini und dem Teatro Massimo. Große Teile der Stadtmauer sind noch entlang des Foro Italico, des Corso Alberto Amedeo und Teile davon entlang der alten Stadttore erhalten.

2 thoughts on “Die Mauern von San Vito in Palermo

  1. Hallo Claudia,

    Tonrohre in Befestigungsmauern gibt es in ganz Italien bereits seit der griechisch-römischen Antike. Durch den Einsatz von Rohren oder mancherorts alter Tongefäße verringert sich das Gewicht des Baukörpers ohne nennenswerte Einbußen in der strukturellen Integrität und es wird deutlich weniger Baumaterial benötigt. An vielen Orten – auch außerhalb Italiens – hab man sogar große Kuppeln und Gewölbe unter Einsatz von Tongefäßen errichtet. Möglicherweise hat hier auch die geringe Qualität der lokal verfügbaren Steinvorkommen eine Rolle in den Abwägungen der Erbauer gespielt. Mit wissenschaftlichem Anspruch müsste man das ganze nun natürlich vor Ort untersuchen und diverse Vergleiche zu anderen Befunden dieser Art ziehen.

    Wenn du mehr dazu wissen möchtest, findest du folgenden Aufsatz online: Dr. Ralf Kluttig-Altmann, Röhren- und Gefäßgewölbe als alternatives Konstruktionsprinzip von der Antike bis in die Moderne, Backsteinbaukunst Bd. 10 (Wismar 2022) 91-105

    Besonders gut sieht man das ganze übrigens auch an der Porta Montalto, falls du dich beim nächsten Palermo-Besuch wieder dort hin verirrst!

    1. Hallo Thomas,
      vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Endlich kommt Licht ins Dunkel. Ich habe mit deinem Kommentar endlich meinen Artikel ergänzen können.

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